Das zweite Gleis

 

 

Im Laufe meiner Recherchen, aber auch schon davor, wurde mir immer mal wieder berichtet, dass der Streckenabschnitt Lüneburg - Buchholz zumindest teilweise ein zweites Gleis besessen haben soll. Das war beispielswiese während des zweiten Weltkrieges so, als die Strecke an Bedeutung gewann und den damaligen Machthabern offenbar strategisch besonders wichtig erschien. Mehrere Berichte sprachen von einem teilweise zweigleisigem Ausbau allerdings unterschiedlicher Dimension. So ist die Rede von einem begonnenen Ausbau von Lüneburg bis nach Brackel aber auch nur bis Wulfsen oder Mechtersen und auch nur teilweise als Baugleis.

Und eben genau nach Studium alter Unterlagen und auch den Spuren vor Ort kann ich das weitgehend ausschliessen. Allerdings hat es wohl im zweiten Weltkrieg Bestrebungen gegeben, die Verkehrsleistung der Strecke zu ertüchtigen. Hierzu fanden sich an Brücken, die mittels Segment die Überführung ermöglichten, Metallschrauben zur Aufnahme eines weiteren Segmentes für das zweite Gleis. Diese Schrauben waren wie Gewindestangen in die Auflagesteine eingelassen und bereits stark verrostet. Jedoch war das Gewinde noch deutlich vorhanden und insgesamt liess der Zustand darauf schliessen, dass diese Schrauben ungefähr in den Zeitraum des zweiten Weltkrieges passen könnten. Weitere Brücken diesen Typs gibt es nur noch in Tangendorf als Straßenüberquerung, Schrauben für ein zweites Segment liessen sich dort jedoch nicht nachweisen. Darüber hinaus sei noch der Hilfsblock zwischen Mechtersen und Bahlburg erwähnt, der 1944/45 eingerichtet wurde und dort vermutlich nicht nötig gewesen wäre, wenn dort eine Zweigleisigkeit bestanden hätte. Richtig hingegen ist die Tatsache, dass im zweiten Weltkriege Kriegsgefangene herangezogen wurden um die Strecke zu ertüchtigen und instand zu halten.

(besagte Brücke zwischen Bahlburg und Mechtersen ungefähr 2km vor Mechtersen)

(Eine Materialprobe hat eine grobe Struktur an einer Bruchkante ergeben, vermutlich durch einen hohen Kohlenstoffanteil)

Die Strecke war zweigleisig trassiert, schon zu Betiebszeiten Ende der 1970er fanden sich rätselhafte Gleislagewechsel. Hierzu sei erwähnt, das das Streckengleis ursprünglich in kilometrierungsrichtung links lag. Zwischen Bahlburg und Wulfsen fanden sich beispielsweise solche Gleislagewechsel. Von Bahlburg kommend verlief das Gleis bereits auf der rechten also nicht ursprünglichen Seite, wanderte dann im Verlauf von mehreren hundert Metern auf die ursprüngliche, also linke, Seite, passierte dann die Luhebrücke und schwenkte dann wieder in ebensolchem Verlauf von mehreren hundert Metern auf die rechte Seite zurück. Derartige Gleislagewechsel fanden sich mehrere, sie sind alle dokumentiert. Der Grund ist bis zum heutigen Tage nicht geklärt, es gibt zwar mehrere Ideen und Lösungsansätze aber nichts, was wirklich passt. Als Erklärungen kamen im Wesentlichen folgende Punkte vor:

1.) Bei einer Streckenrevisionierung wurde das Streckengleis als Arbeitsgleis genommen und das neue Gleis gleich auf der anderen Hälfte des Planums hergestellt,das alte Gleis anschliessend abgebaut. Grund hier ist eine Arbeitsbeschleunigung.

2.) Bei einer Streckenrevisionierung wurde das Gleis auf der anderen Seite hergestellt, um eine gleichmässige Auslastung des Trassenkörpers zu ermöglichen.

3.) Angebliche Reste eines begonnen Ausbaues des zweiten Streckengleises im zweiten Weltkrieg oder als kriegsvorbereitende Maßnahme.

(Gleislagewechsel, Blick in Richtung Luhebrücke entgegen der Kilometrierung, die Strecke ist völlig geradlinig, das Gleis wechselt von der linken auf die rechte Seite des Planums)

Alle Punkte lassen sich ausschliessen.

Erklärung: Die Gleislagewechsel finden sich nicht überall, der größte Teil des Gleises lag auf der ursprünglichen Seite. Bodenproben sprechen gegen ein Gleis auf der freien Seite, es fanden sich dort, wo das Gleis einmal auf der Ursprungsseite lag, Kiesreste typischer Kiesbettungen früherer Jahre. Die Gegenprobe bei Teilstücken bei denen sich das Gleis noch in der Ursprungslage befand, waren negativ bzw. ergaben nur Sand und Waldboden, der zudem noch sehr weich und problemlos bis in eine Tiefe von 40cm auszuheben war.

Früher wurden die Gleise auf Kies und/oder Sand gebettet, als die Strecke revisioniert wurde und ihren Schotterunterbau bekam, müssen die Gleislagewechsel entstanden sein.

Weiterhin auffällig ist, dass an manchen Punkten das Gleis mehr mittig verlegt wurde, vermutlich weil die Qualität der Trasse an den Seiten keine ausreichende Stabilität des Gleises mehr gewährleistete

 
 

Ein zweites Gleis findet sich allerdings auch heute noch. Die ersten knapp 8km der Strecke Buchholz - Maschen befinden sich auf dem Planum des alten Streckenabschnittes Lüneburg - Buchholz. Die knapp 8km wurden Anfang der 1970iger zweigleisig ausgebaut als eine neue Güterzugzuführungsstrecke zum neu entstehenden Rbf Maschen erbaut und notwendig wurde. Der betreffende Teil der Strecke beginnt bei km 0,0 im Bf Buchholz und endet etwa bei km 7,8, dem Beginn der ehemaligen Abzweigweiche für die Strecke nach Lüneburg an der ehemaligen Abzweigstelle Jesteburg, heute Überleitstelle Jesteburg.

Zum Vergleich, erstes Bild zeigt die Situation vor dem Streckenausbau (schematisch) die künftigen Kilometrierungen der Neubaustrecke habe ich belassen. Das zweite Bild zeigt die Situation nach Bau des zweiten Gleises und Neubau der Strecke nach Maschen.

Historisch betrachtet gab es mehrere Anläufe zu einem zweigleisigen Ausbau, der, wenngleich auch nie die ganze Strecke einbezog, so doch teilweise sehr konkrete Schritte beinhaltete und auch dazu führte, dass spätere Infrastrukturen nach eben diesen Plänen verwirklicht wurden.

Es gab bereits vor dem ersten Weltkrieg die Idee, den Abschnitt Dömitz - Dannenberg und auch Dannenberg - Lüneburg zweigleisig auszubauen, diese Pläne wurden aber nach einem sehr konkreten Planungsstadium aus Kostengründen wieder aufgegeben.

Eine weitere Planung sah einen zweigleisigen Ausbau der Strecke auf dem Abschnitt Buchholz - Jesteburg vor mit dem Ziel, etwa auf Höhe der späteren Abzweigstelle Jesteburg eine neue Strecke nach Maschen/Meckelfeld zu errichten. Jesteburg sollte zu einem Kreuzungsbahnhof ausgebaut werden und Ziel der Strecke, damals als eingleisige Neubaustrecke geplant, war eine Einfädelung bei Maschen in die Hauptstrecke Hamburg - Hannover als Güterverbindungsbahn. Diese Planungen datieren auf das Jahr 1925 und dürfen als Ursprungsplanung der Güterzugzuführungsstrecke gelten, wie sie heute vorhanden ist. Noch 1964 war der damalige Planungszustand der einer eingleisigen Neubaustrecke mit je einem Kreuzungsbahnhof bei Jesteburg und Ramelsloh, Ziel war hier jedoch schon der in Planung befindliche Rbf Maschen. Noch vor Baubeginn 1970 wurden die Pläne für die Kreuzungsbahnhöfe zugunsten eines zweigleisigen Baues der Strecke aufgegeben. Der Streckenausbau wurde realisiert und ist bis zum heutigen Tage nahezu unverändert vorhanden und in Betrieb.

 
 

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